Arthur Zalewski: Notes on Beijing

03. Mai – 15. Juni 2014

03. Mai, 11:00 – 21:00 Uhr
04. Mai, 11:00 – 18:00 Uhr

07. Juni, 18:00 Uhr
Künstlergespräch: Barbara Steiner im Gespräch mit Arthur Zalewski

Übertragungsfehler

China zu kennen ist eine Fiktion: Niemand kann 1,3 Milliarden Menschen unter einem politischen oder kulturellen Diktum zusammenfassen. Notes on Beijing (2013/14) von Arthur Zalewski zeigt Menschen und Orte, die zunächst keine spezifische geografische Zuordnung erfahren und keine explizite kulturelle Identität verkörpern. Erst auf den zweiten Blick sehen wir Straßen, Gebäude und Plätze, die in Peking von zentraler Bedeutung sind: Der Oberste Gerichtshof der Volksrepublik China, das Kolonialquartier, das Nationalmuseum oder den alten Sommerpalast. Geschichte und Kultur, Tradition und aktuelle Politik werden an diesen Ort repräsentiert.

In Notes on Beijing stehen aber weniger die repräsentativen Bedeutungen im Mittelpunkt, als vielmehr die Durchdringung von Alltagsgeschehen und historischen Kontext. In den Notizen scheint der Alltag, jenseits von Politik, Kultur und Geschichte, überall gleich. Die Bilder zeigen eine Wirklichkeit, die wir zu kennen scheinen. Aber wer liefert die Referenzen? Arthur Zalewski dekliniert zwar fotografische Formate und Genres, er fotografiert in Serien, Sequenzen und Einzelbildern, die Bilder fügen sich jedoch zu keiner Erzählung. Die Notizen bleiben unvollständig. Die Fragmente spiegeln die Lebenswirklichkeit und die Erfahrung des Künstlers vor Ort: kein konsistentes Bild der Stadt, der Menschen oder gar des Landes lässt sich fixieren.

Wir können den Klischees über China kaum entgehen. Zu viele Bilder sind existent und zu viele Urteile bereits eingeübt. Vor Ort changieren chinesische und westliche Kultur beharrlich. Kleidung und modischer Habitus erscheinen vertraut, dann wieder werden traditionelle Formen sichtbar oder politische Repressionen spürbar. Die Fremde wird durch die vertrauten Gesten und Oberflächen vordergründig annulliert. Ein Übertragungsfehler. Denn die kulturelle und soziale Spezifik bleibt beständig präsent. Immer wenn man glaubt etwas verstanden zu haben, wird man enttäuscht oder irritiert. Das was wir sehen ist gleichzeitig das, was wir nicht sehen.
– Maik Schlüter, 2014